19.04.2022 • AstrophysikAstroteilchenphysik

Das Universum mit Wumms

Wie sich der Kosmos im Röntgen- und Gammalicht präsentiert, behandelt die neue Ausgabe von „Physik in unserer Zeit“.

Die Hochenergie­astrop­hysik befindet sich im Umbruch. Altgediente Observatorien, wie die Röntgen­teleskope CHANDRA und XMM-Newton oder das Gamma­strahlen­teleskop FERMI, nähern sich dem Ende ihrer Lebenszeit, und neue Teleskope sind in Vorbereitung, wie das Cherenkov Telescope Array (CTA) oder das Röntgenteleskop Athena. Das 2019 gestartete deutsch-russische Weltraum­teleskop Spectrum-Röntgen-Gamma (SRG) hat bereits begonnen, spektakuläre Daten zu liefern. Deutsche Institute sind hier gut aufgestellt und spielen federführende oder wichtige Rollen. Das vom Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik in Garching gebaute Teleskop eROSITA (extended ROentgen Survey with an Imaging Telescope Array) an Bord von SRG produziert Röntgenkarten des gesamten Himmels. Es kann somit ganz neue Phänomene entdecken, wie heiße Ausflüsse aus dem Zentrum der Milchstraße, die astronomisch gesehen direkt vor unserer Haustür liegen.

Abb.: Marcus Brüggen ist Professor für Extragalaktische Astrophysik und...
Abb.: Marcus Brüggen ist Professor für Extragalaktische Astrophysik und beobachtende Kosmologie an der Universität Hamburg. (Bild: U. Hamburg)

Die wissenschaftlichen Fragen, mit der sich die Hoch­energie­astrop­hysik beschäftigt, sind dabei sehr breit gefächert. Es geht unter anderem um hochenergetische Phänomene an den Oberflächen von Sternen, um Supernovae und kompakte Sterne, um kleine wie große Schwarze Löcher, um Dunkle Materie und Dunkle Energie oder die Mechanismen, die kleinste Teilchen auf unvorstellbar hohe Energien beschleunigen. Die Hochenergie­astro­physik ist somit sehr eng verbunden mit anderen fundamentalen Unter­disziplinen der Physik, wie der Teilchen-, Gravitations- oder Plasma­physik.

Dieses Heft stellt zwei Beispiele aus der aktuellen Forschung vor. Johan Comparat und Peter Predehl zeigen ab Seite 64, wie mit Hilfe großer Ansammlungen von Galaxien, sogenannter Galaxien­haufen, die Ausdehnung des Universums mit großer Genauigkeit rekonstruiert werden kann. eROSITA wird 100 000 solcher Galaxien­haufen suchen und vermessen, mit Hilfe derer die Geschichte der Ausdehnung des Universums viel präziser als bisher nachgezeichnet werden kann. Dies wiederum wird es erlauben, die Eigenschaften der Dunklen Materie und Energie genauer zu studieren.

Wie so oft in der modernen Astronomie sind solche Studien nur möglich, wenn auch andere Instrumente mit hinzugezogen werden, die Himmelsbilder in anderen Frequenz­bändern liefern, wie dem optischen Licht. Die kosmologischen Studien mit eROSITA reihen sich ein in eine Serie von geplanten Beobachtungs­kampagnen mit neuartigen Instrumenten, die den fundamentalen Parametern unseres Universums auf die Schliche kommen sollen.

Der Beitrag von Andrew Taylor, Sylvia Zhu, Ruslan Konno und Stefan Ohm zu Teraelektronenvolt-Photonen aus Gammastrahlenblitzen zeigt ab Seite 72, dass Hochenergie­astro­physik auch vom Erdboden aus möglich ist. Während die Erdatmosphäre uns sonst vor aller hochenergetischen Strahlung aus dem Weltall beschützt, nutzt das in Namibia gelegene Tscherenkow-Teleskop namens High Energy Stereoscopic System (H.E.S.S.) die Atmosphäre als Detektormasse.

In diesem Artikel geht es um das alte Rätsel des Ursprungs von extrem energiereichen Teilchen, die auf die Erde einprasseln. Was für Mechanismen und Objekte solche Teilchen produzieren können, beschäftigt die Physik und Astronomie schon seit das viele Jahrzehnten. Mit Hilfe von H.E.S.S. konnten die Wissenschaftler zeigen, dass Gammablitze aus den Endstadien massereicher Sterne vielleicht sehr viel effizientere Teilchen­beschleuniger sein könnten, als von der Theorie vorhergesagt wurde. So könnten Stoßwellen von Gammastrahlen-Ausbrüchen die bislang vergeblich gesuchten Quellen der höchstenergetischen kosmischen Strahlung sein. Weitere Arbeit ist nötig, um dies zu bestätigen.

Die Hochenergie­astro­physik fasziniert, weil sie uns Einblicke in physikalische Extrema verschafft, welche irdischen Laboratorien nicht zugänglich sind. Dank neuer Instrumente, sowohl im Weltraum als auch auf der Erde, dürften sich auch in Zukunft die Grenzen des Erfahrbaren weiter verschieben.

 

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