Brennstoffzellen: Erfolg im zweiten Anlauf?
Vor fünfzig Jahren hochgelobt und dann nur in Nischen relevant, sollen Brennstoffzellen nun zum wichtigen Baustein der Energiewende werden.
Im April 1973 stand in der „Physik in unserer Zeit“ eine optimistische Einschätzung: „Obwohl die Brennstoffzelle schon 1839 von Sir William Grove entdeckt wurde, ist ihr großtechnischer Einsatz vor allem der hohen Kosten wegen bisher nicht erfolgt. Erst in neuester Zeit scheint es durch gezielte Entwicklungsarbeiten möglich zu sein, etwa bis Anfang der achtziger Jahre die Wirtschaftlichkeitsgrenze zu erreichen.“
Dieser Enthusiasmus vor fünfzig Jahren rührte von enormen Fortschritten in der Leistungsdichte von Hochtemperatur-Brennstoffzellen her, die bei etwa 1000 Grad Celsius arbeiten. Man hatte gerade gelernt, das Elektrolytmaterial, Y-stabilisiertes Zirkonoxid, auf porösen Elektroden-Substraten als sehr dünne, gasdichte, sauerstoffionenleitende Schicht auszubilden. Damit war eine Leitungsdichte von mehreren 100 Milliwatt pro Quadratzentimeter möglich, und mit erwarten Wirkungsgraden von bis zu 55 Prozent und der Abwesenheit beweglicher Teile schien eine Kommerzialisierung der Technologie zum Greifen nahe.
Dies war eine gravierende Fehleinschätzung, da der Brennstoff Wasserstoff aus fossilen Energieträgern (meist Erdgas) durch externe oder interne Reformierung erzeugt werden musste. Damit standen Brennstoffzellen in Konkurrenz zu Turbinen und Verbrennungsmotoren, die über Generatoren kostengünstig und zuverlässig elektrische Energie erzeugten. Im Vergleich zu etablierten Technologien sprachen lediglich die vermeidlich höheren Wirkungsgrade besonders bei kleinen Anlagen für Brennstoffzellen. Bei Wirkungsgraden moderner Gasturbinen von über 60 Prozent entfällt aber auch dieses Argument.
Im Zuge der Energiewende soll jedoch die Erzeugung elektrischer Energie aus fossilen Energieträgern ein Ende finden, und dies definiert die Rolle von Brennstoffzellen neu. Li-Batterien erlauben zwar heute schon, elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen im Verkehrssektor zu nutzen. Wenn jedoch hohe Leistungs- und Energiedichten bei mobilen Anwendungen wie dem Antrieb von LKW, Zügen oder Fähren, gefragt sind, kommen Brennstoffzellen erneut ins Spiel – allerdings in Form von Tieftemperatur-Brennstoffzellen, denn nur diese vertragen schnelle Lastwechsel. Der in der Abbildung gezeigte Brennstoffzellen-Stapel von Bosch hat eine Spitzenleistung von über 100 Kilowatt. Zwei solche Stapel, hybridisiert mit einer kompakten Li-Batterie, können einen großen LKW mit elektrischer Energie versorgen.
Diese reale Option ist das Ergebnis jahrzehntelanger, intensiver Grundlagenforschung und der Entwicklungsanstrengungen einiger Unternehmen. Die zu lösenden Aufgaben waren und sind zum Teil immer noch immens. Materialien mussten modifiziert- oder neuentwickelt und so im Raum angeordnet werden, dass unter allen relevanten Bedingungen die Reaktionspartner sehr schnell zu Katalysator-Nanopartikeln transportiert werden. Dort müssen sie mit hoher Rate und niedrigen Verlusten elektrochemisch reagieren, bevor die Reaktionsprodukte ebenso schnell wieder abtransportiert werden. Dabei waren Standzeiten von 10.000 Stunden bei gleichzeitiger Reduktion der Menge teurer platinhaltiger Katalysatoren zu erreichen. Stapel, wie der abgebildete, enthalten etwa 25-35 Gramm Platin, wobei 10-15 Gramm angestrebt werden. Damit läge der Platingehalt kaum höher als der eines üblichen Drei-Wege-Katalysators.
Design und Optimierung auf der Nanometerskala spielte dabei eine besondere Rolle. Die Elektrolyte – saure Polymermembranen – sind nur im hydratisierten Zustand gute Protonenleiter. In ihnen geht auf dieser Skala der diffusive in einen hydrodynamischen Wassertransport über. Interessanterweise ist auf der Nanoskala auch die spezifische (pro Oberfläche, pro Masse) katalytische Aktivität des Platins sehr von der Größe der Partikel abhängig.
Tieftemperatur-Brennstoffzellen werden ausschließlich mit Wasserstoff betrieben, und der muss in diesem Szenario zum Beispiel mittels Elektrolyse erzeugt werden. Hier kommen sogar die Hochtemperatur-Brennstoffzellen wieder ins Spiel: Die Firma Topsoe hat die Arbeitsweise einfach herumgedreht und verwendet ähnliche Zellen als Hochtemperatur-Elektrolyseure, die mit sehr hohem Wirkungsgrad Wasserstoff aus Wasser erzeugen. Dieser wird zukünftig auch in der chemischen und Stahlindustrie benötigt werden.
Klaus-Dieter Kreuer, Max-Planck-Institut für Festkörperforschung, Stuttgart