Besserer Zugang zu neuen Radionukliden
PRISMAP – ein europäisches Programm für medizinische Radionuklide.
Nukleartherapie und molekulare Bildgebung werden in Krankenhäusern in großem Umfang für neue, vielversprechende medizinische Verfahren eingesetzt. Sie können die Behandlungsergebnisse bei vielen Erkrankungen verbessern und ermöglichen die Behandlung von streuenden Tumoren. Die eingeschränkte Verfügbarkeit von Radionukliden, die nicht kommerziell erhältlich sind, machte auch deren effektive Weiterentwicklung schwierig. Mit PRISMAP – dem europäischen Programm für medizinische Radionuklide – soll sich das jetzt ändern.
Von den mehr als dreitausend verschiedenen Radionukliden, die Forscher im Labor synthetisiert haben, wird nur eine Handvoll regelmäßig für medizinische Verfahren verwendet. Eine der Hauptschwierigkeiten bei der Entwicklung neuartiger radiomedizinischer Produkte ist der Zugang zu Radionukliden während der Entwicklungs- und der frühen biomedizinischen Forschungsphasen. Im Rahmen von PRISMAP soll diese Entwicklungsphase durch den Zugang zu neuartigen Radionukliden von hoher Reinheit für die medizinische Forschung erleichtert werden.
Die radioaktiven Elemente, die in der Nuklearmedizin verwendet werden, sind in der Natur nicht vorhanden und müssen im Labor synthetisiert werden. Es gibt zwei Hauptwege: die Neutronenbestrahlung in einem Kernforschungsreaktor oder die Protonen-, Deuteronen- oder Alphabestrahlung mit einem Teilchenbeschleuniger. Die Größe und die Energie des Teilchenbeschleunigers bestimmen, welches Radionuklid hergestellt werden kann. Kleine, kompakte Geräte stehen in vielen Krankenhäusern zur Verfügung und ermöglichen den Zugang zu den heute verwendeten Radionukliden. Für die Erzeugung neuartiger Radionuklide, die derzeit nicht verfügbar sind, werden jedoch Geräte mit höherer Energie benötigt.
Das Paul-Scherrer-Institut in der Schweiz ist als Lieferant von Radionukliden einer der Hauptpartner des PRISMAP-Konsortiums. Die PSI-Forscher nutzen SINQ, die Spallationsneutronenquelle Schweiz, Injektor 2 sowie die Bestrahlungsstation IP2, um Radionuklide für medizinische Zwecke herzustellen.
Bei der Herstellung dieser neuartigen Radionuklide treten neue Herausforderungen auf: die gleichzeitige Produktion unerwünschter Radioaktivität, die die Qualität des Arzneimittels beeinträchtigt, nachteilige Auswirkungen auf den Patienten haben könnte und die Abfallentsorgung in Krankenhäusern erschweren kann. Daher sind neuartige Reinigungstechniken erforderlich. Im Rahmen von PRISMAP werden Verfahren entwickelt, die auf physikalischer Massentrennung und Radiochemie basieren, um eine hochreine Radionuklidproduktion zu erreichen, die für Arzneimittel geeignet ist.
Um die laufende Forschung in ganz Europa und darüber hinaus zu unterstützen, wird PRISMAP sofortigen Zugang zu neuen Radionukliden bieten. Über die PRISMAP-Website wurde eine zentrale Zugangsplattform eingerichtet, auf der die Produktions- und Unterstützungsmöglichkeiten vorgestellt werden. Ein Netz von weltweit führenden europäischen Einrichtungen, darunter Kernreaktoren, Mittel- und Hochenergiebeschleuniger sowie radiochemische Labors, wurde gebildet, um eine möglichst breiten Katalog von Radionukliden für die medizinische Forschung anzubieten. In der MEDICIS-Anlage von CERN steht eine Massentrennung zur Verfügung, die die physikalische Trennung von Isotopen eines Elements ermöglicht. Ergänzt wird dies durch ein Netz biomedizinischer Forschungseinrichtungen, die externe Forscher aufnehmen können, um ihre Forschung in der Nähe der Produktionsanlage durchzuführen, wenn die Radionuklide nicht für einen langen Transport zu ihrer Einrichtung geeignet sind oder wenn die europäische Zulassung für neuartige Radionuklide noch nicht erteilt wurde.
Der Zugang zu den Radionukliden und gegebenenfalls zu den ergänzenden biomedizinischen Einrichtungen kann über die PRISMAP-Online-Plattform beantragt werden. Ein Auswahlgremium, das sich aus Experten auf den Gebieten der Radionuklidproduktion, der molekularen Bildgebung und der Radionuklidtherapie zusammensetzt, wird die besten Projekte unter den Bewerbern auswählen. Die erste Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen wird vor Ende des Jahres 2021 gestartet und soll im ersten Quartal 2022 veröffentlicht werden. Sie wird allen Interessenten offenstehen.
PSI / RK
Weitere Infos
- PRISMAP — building a European network for medical radionuclides
- SINQ – Swiss Spallation Neutron Source, Paul-Scherrer-Intitut, Villigen, Schweiz