26.08.2022 • AstronomieAstrophysik

Auszeichnungen für herausragende Leistungen in der Astronomie

Astronomische Gesellschaft gibt Preisträgerinnen und Preisträger 2022 bekannt.

Die renommierteste Auszeichnung in Deutschland auf dem Gebiet der Astronomie und Astrophysik, die Karl-Schwarzschild-Medaille, wird an Prof. Dr. Hans-Thomas Janka vom MPI für Astrophysik in Garching verliehen. Die Medaille würdigt seine Forschungen zum Kernkollaps-Supernova-Mechanismus, zur explosiven Nukleosynthese und zur Supernova-Neutrino-Physik. Janka hat das theoretische Verständnis von Supernova-Explosionen durch die Entwicklung hydro­dynamischer Neutrino­strahlungs­codes für die Simulation dieser komplexen astro­physi­ka­lischen Phänomene erheblich voran­ge­trieben. Er hat im letzten Jahrzehnt wegweisende Beiträge zur Model­lierung von Kernkollaps-Supernovae geleistet. Seine heraus­ragenden, bahn­brechenden numerischen und theoretischen Arbeiten haben überzeugend gezeigt, dass der neutrino­getriebene Explosions­mechanismus zu erfolg­reichen Kernkollaps-Supernova-Explosionen in Über­ein­stimmung mit den Beobachtungen führen kann. Darüber hinaus hat er sehr wichtige Beiträge auf dem Gebiet der numerischen Modelle von Neutronen­stern­ver­schmelzungen und Gamma­strahlen­ausbrüchen geleistet. Janka ist außer­ordent­licher Professor an der TU München und seit 1986 Mitglied der Astro­nomischen Gesell­schaft.

Abb.: AG-Preis­träge­rinnen und Preis­träger 2022: Hans-Thomas Janka,...
Abb.: AG-Preis­träge­rinnen und Preis­träger 2022: Hans-Thomas Janka, Thomas Siegert, Tommaso Grassi, Stefano Bovino, Arshia Jacob, Manuel Vogel und Vanessa Guthier (Bild: H.-A. Arnolds, MPA / privat / MPE / U. Concepción / J. Burger / privat / Jugend forscht e.V.)

Dr. Thomas Siegert wird mit dem Ludwig-Biermann-Preis 2022 geehrt. Seine Expertise liegt in der nuklearen Astrophysik. Er hat Supernovae, Novae und Mikroquasare sowie ihre Auswirkungen auf das interstellare Medium der Galaxie untersucht. Seine Ergebnisse tragen zum Verständnis der Physik thermo­nuklearer Explosionen bei. Er konnte zeigen, dass Mikroquasare in beträchtlichen Mengen Antimaterie in Form von Positronen erzeugen, welche sich in der Galaxie verteilen und zusammen mit Elektronen Vernichtungs­strahlung erzeugen. Durch Messungen dieser Gammastrahlen in der Milchstraße stellte er die Verbindung mit Modellen dunkler Materie her und schränkte diese durch Beobachtungen von Zwerg­galaxien weiter ein. Siegert ist in der nuklearen Astrophysik international anerkannt, wirkte an zahlreichen Publikationen mit und ist Experte für die Daten­auswertung des INTEGRAL/SPI Instruments der ESA. Siegert promovierte im Jahr 2017 an der TU München. Er kehrte im Jahr 2021 zurück nach Deutschland, nachdem er in San Diego durch ein DFG Forschungs­stipendium am COSI Instrument der NASA arbeitete. Seit August 2022 leitet er an der Uni Würzburg seine eigene Arbeitsgruppe.

Dr. Tommaso Grassi vom MPI für extra­terrestrische Physik in Garching und Dr. Stefano Bovino vom Department of Astronomy, Universidad de Concepción, Chile, erhalten gemeinsam den Preis für astro­physi­kalische Software für das von ihnen entwickelte Astro­chemie­paket KROME. KROME ist ein Open-Source-Code, der entwickelt wurde, um chemische und thermische Prozesse in numerische hydro­dynamische Simulationen einzu­beziehen und die thermische Entwicklung von Gasen korrekt zu beschreiben. Er ist ein wichtiges Instrument, um unter anderem Stern­entstehungs­gebiete, die Entwicklung von Galaxien, die Bildung von schwarzen Löchern und komplexe chemische Prozesse zu untersuchen, sowie um Simulationen mit Beobachtungs­daten von Atom- oder Moleküllinien zu vergleichen. KROME kann jedes chemische Netzwerk modellieren, zu dem die Reaktions­raten bekannt sind und enthält Module zur Einbindung von Staubphysik. Die Entwicklung von KROME hat die Möglich­keiten zur Modellierung der Thermochemie in astro­physi­kalischen Simulationen deutlich erweitert und zu erheblichen Fortschritten in der astro­physi­kalischen Erkenntnis sowie zur Ausbildung von Studenten und Postdocs im Bereich der Astrochemie beigetragen.

Die AG verleiht den Promotions­preis 2022 an Dr. Arshia Maria Jacob. Nach dem Studium an der Uni Bonn fertigte Jacob die Forschung zu ihrer Dissertation am MPI für Radio­astronomie an und schloss diese im Jahr 2021 mit summa cum laude ab. Seitdem forscht sie als Post­dokto­randin an der Johns Hopkins University in Baltimore. In ihrer Dissertation behandelte Jacob grundlegende, seit langem bekannte, aber bisher noch weitgehend offene Fragen zur Physik und Chemie des inter­stellaren Mediums. Dazu sammelte sie Daten von verschiedenen Molekülen und kombinierte Ergebnisse aus dem Terahertz-Bereich mit langwelligen Radiodaten. Mit innovativen Analyse­methoden und Modell­rechnungen hat ihre Forschung dazu beigetragen, Fragen im Zusammenhang mit der chemischen Entwicklung der Milchstraße und der galaktischen Verteilung der Ionisierungs­rate der kosmischen Strahlung zu beantworten, indem sie die diagnos­tischen Eigenschaften einfacher Moleküle untersuchte. Für ihre heraus­ragenden Forschungs­ergebnisse wurde sie auch mit der Otto-Hahn-Medaille und dem Otto-Hahn-Award der Max-Planck-Gesellschaft ausgezeichnet.

Der Hans-Ludwig-Neumann-Preis 2022 geht an Manuel Vogel. Er ist Lehrer für Mathematik und Natur­wissen­schaften am Gymnasium Spaichingen, pädagogischer Leiter im Vorstand des Schüler­forschungs­zentrums Süd­württemberg und betreut als Standort­leiter in Tuttlingen Kurse und Projekte für Schüler im Bereich Astronomie. Vogel schreibt für die astronomie­didaktische Zeitschrift Astronomie + Raumfahrt, ist Mitglied eines Autorenteams für die Klett MINT / Baden-Württemberg Stiftung, übernimmt regelmäßig die Leitung von Fortbildungen zum Thema „Forschen und Erfinden“. Aus diesen Tätigkeiten resultiert auch seine Betreuer­tätigkeit für Schüler, die Jugend forscht-Preise gewonnen haben. Zuletzt betreute er den Landessieger Baden-Württemberg. Vogel gehörte als deutscher SOFIA-Botschafter für die Schulen zum Lehrer-Team des Flugzeug-Obser­va­toriums SOFIA und berichtete in Astronomie + Raumfahrt darüber.

Vanessa Guthier von der Landesschule Pforta in Naumburg erhielt einen Sonderpreis der AG für die beste Arbeit auf dem Gebiet der Astronomie im Bundes­wett­bewerb Jugend forscht. In ihrem Forschungs­projekt ging sie der Frage nach, ob Sternhaufen eine Umgebung für die Entstehung hoch­energe­tischer Gammastrahlung schaffen können und fand Hinweise, dass dies der Fall ist. Damit errang sie den Bundessieg im Fachgebiet Geo- und Raum­wissen­schaften. Neben dem Sonderpreis Astronomie bekam sie den DFG Europa-Preis und wird damit am Europa­wett­bewerb European Union Contest for Young Scientists teilnehmen.

Die Preisverleihungen finden während der Jahres­tagung der Astro­nomischen Gesellschaft 12. bis 16. September an der Universität Bremen statt.

AG / RK

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