Mit Hilfe der Raman-Spektroskopie lässt sich der molekulare Fingerabdruck von Proben ermitteln. Damit können zum Beispiel Materialien aufgrund ihrer spezifischen chemischen Zusammensetzung unterschieden werden. Ebenso ist es möglich, Krankheitserreger zu identifizieren oder krankes Gewebe zu erkennen. Dabei sind die zu detektierenden Signale und Signal-Unterschiede innerhalb der Messdaten nur minimal und werden von zahlreichen Faktoren beeinflusst. Für die Auswertung kommen Methoden des maschinellen Lernens – also künstliche Intelligenz – zum Einsatz. „Um der Raman-Spektroskopie zum Durchbruch in der Anwendung zu verhelfen, braucht es standardisierte Arbeitsabläufe die möglichst robuste Ergebnisse liefern“, so Thomas Bocklitz vom Leibniz-Institut für photonische Technologien und der Uni Jena. Bisher gibt es aber noch keine etablierten vereinheitlichten Normen für den Analyseprozess von Raman-Spektren.
Bocklitz und seine Kollegen liefern jetzt erstmalig eine Anleitung für die Auswertung von Raman-Spektren und beziehen dabei alle Arbeitsschritte, angefangen beim experimentellen Design über die Datenaufbereitung bis hin zur Datenmodellierung und statistischen Analyse, mit ein und verweisen zugleich auf mögliche Fallstricke und wie diese umgangen werden können. Dabei konnte der Physikochemiker auf seine langjährige Erfahrung bei der Entwicklung und Verfeinerung von datengetriebenen Methoden zurückgreifen. Mittlerweile gehört sein Team zu einem der international führenden Forschungsgruppen, die sich mit der computergestützten Auswertung von Raman-Spektren auf der konzeptionellen Ebene beschäftigen.
Von Vorteil erweist sich die enge Zusammenarbeit mit der Forschungsabteilung Spektroskopie/Bildgebung am Leibniz-IPHT unter Leitung von Jürgen Popp, welche ihre Kompetenz auf dem Gebiet der Raman-Spektroskopie für die Analytik und Diagnostik in den Bereichen Medizin, Lebens- und Umweltwissenschaften, Qualitäts- und Prozessanalytik sowie Pharmazie in das gemeinsame Projekt einbringen konnte.
Die Forscher möchten mit der Anleitung einen Beitrag zur standardisierten Raman-Spektralanalyse liefern. Gemeinsam mit Partnern anderer Forschungseinrichtungen soll die Methodik in einem nächsten Schritt auf die Gerätevergleichbarkeit durch einen gemeinsamen Ring-Versuch fokussiert werden, indem Methoden zur Korrektur der Geräteabhängigkeit erforscht werden. Schließlich wollen die Wissenschaftler des Leibniz-IPHT und der Uni Jena die standardisierten Methoden zur KI-basierten Auswertung von Raman-Spektren zur Entwicklung von marktreifen lichtbasierten Diagnoseverfahren und neuartigen Therapieansätzen im zukünftigen Leibniz-Zentrum für Photonik in der Infektionsforschung in Jena einsetzen.
Leibniz-IPHT / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
S. Guo, J. Popp & T. Bocklitz: Chemometric analysis in Raman spectroscopy from experimental design to machine learning–based modeling, Nat. Prot. 16, 5426 (2021); DOI: 10.1038/s41596-021-00620-3 - Photonic Data Science (T. Bocklitz), Leibniz-Institut für Photonische Technologien e. V., Jena
- Biophotonics (J. Popp), Abbe Center of Photonics, Friedrich-Schiller-Universität Jena