25.02.2022 • OptikPhotonik

Asymmetrische Nanowellen

Optische Scherkräfte führen in Kristallen mit geringer Symmetrie zu neuartigem Phänomen.

Eine neue Art von Nanowelle, die in Kristallen mit geringer Symmetrie aufgrund von optischen Scherkräften entsteht, hat ein inter­nationales Forschungs­team nach­ge­wiesen. Die Ergebnisse bieten neue Möglich­keiten für kompakte optische Techno­logien, die neue Wege zur Licht­lenkung oder zur optischen Speicherung von Infor­ma­tionen erlauben.

Abb.: Hyper­bo­lische Scher­pola­ri­tonen sind ge­kop­pelte...
Abb.: Hyper­bo­lische Scher­pola­ri­tonen sind ge­kop­pelte Licht-Materie-Wellen, die an der Ober­fläche von mono­klinen Kris­tallen ent­deckt wurden. Auf­grund der ge­ringen Kristall­sym­me­trie sind diese Wellen dabei nicht spiegel­sym­me­trisch. (Bild: FHI / Werner­werke)

In der Regel benutzt man verschiedene Materialen zur Herstellung optischer Komponenten mit unter­schied­licher Funktion wie zum Beispiel Anti-Reflex-Beschich­tungen oder Linsen. Insbesondere Kristalle mit asymme­trischer Struktur sind dabei sehr nützlich, da Licht sich dort auf ungewöhn­liche Art ausbreitet, was neue optische Phänomene ermöglicht. Allerdings sind noch nicht alle Arten von Kristallen für photonische Anwendungen erforscht worden. Das Forscherteam hat monokline Beta-Gallium-Oxide untersucht. Die monokline Kristall­klasse war bisher für derartige Studien unbeachtet geblieben. Die Wissen­schaftler fanden heraus, dass diese Kristalle Scherkräfte auf Licht ausüben, das sich entlang ihrer Oberfläche ausbreitet.

„Mit der Infrarot­strahlung des Freie-Elektronen-Lasers unseres Instituts konnten wir mit unseren Experimenten Spektral­bereiche erschließen, die sonst sehr schwer zugänglich sind“, erklärt Alexander Paarmann vom Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft. „Die Struktur der in unseren Unter­suchungen verwendeten monoklinen Kristallen sieht aus wie ein verzerrter Quader, bei dem vier von sechs Seiten rechteckig und zwei gekippte Parallelo­gramme sind.“ Durch diese Verzerrung laufen die neuen Scherwellen nicht nur sehr gerichtet über die Kristall­ober­fläche, sondern sind auch nicht mehr spiegel­symmetrisch. „Dank der hyper­bolischen Abhängig­keit ihres Wellen­vektors von der Ausbreitungs­richtung können wir diese Wellen in winzige Volumina zwängen“, so der Forscher weiter.

Diese hyper­bolischen Scher­polari­tonen entstehen durch die Kopplung von Infra­rot­licht an Gitter­schwingungen, also Phononen, an diesen Kristallen. Im Gegensatz zu früheren Beobachtungen von hyper­bolischen Phonon-Polaritonen in Kristallen mit symmetrischer Struktur entdeckte das Team neue Eigen­schaften der Scher­polari­tonen: Ihre Ausbreitungs­richtung hängt von der Infrarot-Wellen­länge ab, und ihre Wellen­fronten sind geneigt. Für diese neuen Eigen­schaften sind optische Scherkräfte verant­wort­lich, die aus­schließ­lich durch die niedrigere Kristall­symmetrie und die damit verbundene Ausrichtung der Gitter­schwingungen entstehen. Daher spielt die Kristall­symmetrie hier eine funda­mentale Rolle.

„Wir erwarten, dass unsere Ergebnisse neue Wege für die Polari­tonen­physik in Materialien mit geringer Symmetrie eröffnen, zu denen viele geologische Mineralien und organische Kristalle gehören“, sagt Paarmann. Dadurch wird die Auswahl an Materialien für die techno­logische Entwicklung deutlich größer, was die Design­möglich­keiten für kompakte photonische Komponenten erheblich verbessern wird. Dies bedeutet einen großen Schritt nach vorne für die Miniatu­ri­sierung optischer Schaltungs­kreise in zukünftigen nano­photonischen Techno­logien.

FHI / RK

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