14.10.2020 • VakuumBeschleuniger

Aminoff Preis für Henry Chapman

Leitender DESY-Wissenschaftler für Strukturbiologie mit Röntgenlasern ausgezeichnet.

Der Gre­gori-Amin­off-Preis für Kris­tallo­gra­phie 2021 geht an Henry Chap­man. Das hat die Kö­nig­lich-Schwe­dische Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten in Stock­holm be­kannt­gege­ben. Zusam­men mit Ja­nos Hajdu von der Univer­si­tät Up­psala und John Spence von der Arizona State Univer­sity wird Chap­man „für weg­wie­sende Bei­träge zur Ent­wick­lung der Struk­turbi­o­logie an Freie-Elektro­nen-Rönt­genla­sern“ aus­ge­zeich­net.

Abb.: Henry Chapman ist Lei­ten­der Wissen­schaftler am Center for...
Abb.: Henry Chapman ist Lei­ten­der Wissen­schaftler am Center for Free-Elec­tron Laser Science bei DESY und Physik­profes­sor an der Uni­versität Ham­burg. (Bild: DESY, Gesine Born)

Die meis­ten Pro­zesse in Zel­len und Orga­nis­men wer­den durch Pro­teine ge­steu­ert, was diese biolo­gi­schen Mak­ro­mole­küle zum Ziel fast aller Me­dika­mente macht. Kris­talle, die sich aus Pro­tei­nen züch­ten las­sen, beu­gen Rönt­gen­strahlen auf cha­rak­teris­ti­sche Weise, wodurch sich mit Hilfe der Kris­tallo­gra­phie de­tail­lierte Infor­mati­onen über ihre mole­ku­lare Struktur ge­win­nen las­sen. Die Kenntnis der Pro­tein­struk­tur ist ent­scheidend für das Ver­ständnis der Funk­tions­weise die­ser Bio­mole­küle und kann bei der Ent­wick­lung neuer und ver­bes­ser­ter Me­dika­mente hel­fen. Pro­tein­kris­talle sind je­doch oft sehr klein und emp­find­lich, so dass sie zer­stört wer­den, bevor genü­gend ge­beugte Rönt­gen­strahlen ge­mes­sen wer­den kön­nen.

Spence, Hajdu und Chapman, der auch Pro­fes­sor an der Uni­versi­tät Ham­burg ist, ha­ben Me­tho­den ent­wi­ckelt, mit de­nen sich uner­reichte Ein­blicke in Bi­omo­lek­üle und an­dere biolo­gi­sche Strukturen ge­win­nen las­sen. Die For­scher nut­zen dabei Prin­zi­pien der Kris­tallo­gra­phie und ha­ben dar­aus Ver­fah­ren für den Ein­satz an ei­ner ganz neuen Ge­nera­tion von Rönt­gen­licht­quel­len ent­wi­ckelt: Freie-Elekt­ro­nen-Rönt­gen­laser (XFEL) wer­den von star­ken Teil­chen­be­schleuni­gern ange­trie­ben, die Elekt­ro­nen auf hohe Ener­gien brin­gen. Die schnellen Teil­chen wer­den an­schließend durch mag­neti­sche Sla­lomstre­cken ge­schickt, in de­nen sie la­ser­artige Rönt­gen­pulse abge­ben. Rönt­gen­laser wie der Euro­pean XFEL, der sich vom DESY-Cam­pus in Ham­burg bis ins be­nach­barte Schene­feld er­streckt, sind die hells­ten Rönt­gen­licht­quel­len der Welt.

„Vor et­was mehr als ei­nem Jahr­zehnt sind Rönt­gen-FELs auf der Bild­flä­che er­schienen, und es schien zu­nächst un­mög­lich, ihre ext­rem star­ken Pulse für Mes­sun­gen mit der für die Strukturbi­olo­gie erfor­derli­chen ato­ma­ren Präzi­sion ein­zu­set­zen“, er­läu­tert Chapman, der auch Phy­sik­pro­fes­sor an der Uni­versi­tät Ham­burg ist. „Ich hatte das Glück, dass es hier in Ham­burg den Plan gab, eine wis­sen­schaftliche Ge­mein­schaft auf­zu­bauen, um sich auf die Mög­lich­kei­ten die­ser neuen Werkzeuge vor­zube­rei­ten, und dass ich ein­gela­den wurde, Teil die­ser Ge­mein­schaft zu sein. Ich hatte ebenso das Glück einer wun­der­ba­ren wis­sen­schaftli­chen Ko­ope­ra­tion mit Janos Hajdu und John Spence sowie vie­len ande­ren Kolle­gen.“

Die von Spence, Hajdu und Chapman ent­wi­ckel­ten Me­tho­den ha­ben die Pro­tein­kris­tallo­gra­phie an Rönt­gen­la­sern er­mög­licht und da­mit we­sent­liche Fort­schritte in ver­schiede­nen Be­rei­chen der Strukturbi­olo­gie ge­bracht. Bei­spiele sind ein bes­seres Ver­ständnis von Enzy­men, die mit XFELs bei phy­siolo­gi­schen Tem­pera­turen ge­mes­sen wer­den kön­nen, die Ana­lyse der mole­kula­ren Dy­na­mik der Pho­to­syn­these, neue Er­kenntnisse über die Gen­regu­lation und die Mög­lich­keit, die mole­ku­lare Struktur von Hor­mon­re­zep­toren zu be­stim­men.

Die zent­rale Me­thode für diese Un­ter­su­chun­gen ist die seri­elle Fem­tose­kun­den-Kris­tallo­gra­phie SFX. Sie hat sich zu ei­ner der wich­tigs­ten An­wen­dun­gen von Rönt­gen-FELs ent­wi­ckelt, da sie unter ande­rem die Struktur­be­stim­mung bei Pro­ben er­mög­licht, die für eine kon­venti­onelle Ana­lyse zu klein sind, Strahlen­schä­den ver­mei­det und zeit­auf­ge­löste Mes­sun­gen er­laubt. Bei der SFX wer­den viele sehr kleine Kris­talle durch den La­ser­strahl ge­schossen und mit Rönt­gen­pul­sen von weni­gen Fem­tose­kun­den (billi­ards­tel Se­kun­den) Dauer ana­ly­siert. Alle drei Preis­trä­ger sind Spre­cher in­ner­halb des SFX-Nut­zer­kon­sorti­ums am Euro­pean XFEL, das Chapman 2012 initi­iert hat.

Die nach dem schwedi­schen Mi­nera­logen und Künstler Gre­gori Ami­noff be­nannte Aus­zeichnung ist mit 80 000 Schwedi­schen Kro­nen (rund 7700 Euro) do­tiert. Sie wird seit 1979 für her­aus­ra­gende Leis­tun­gen in der Kris­tallo­gra­phie ver­lie­hen. Die Preis­ver­lei­hung fin­det am 26. März 2021 in Stockholm auf der Jah­res­feier der Kö­nig­lich-Schwedi­schen Aka­de­mie der Wis­sen­schaften statt.

DESY / Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften / LK

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