3D-Bildgebung durch haarfeine optische Faser
Auflösung im Millimeterbereich und Bildraten mit nahezu Videoqualität.
Ein Endoskop, das eine 3D-Bildgebung mit nahezu Videoraten durch eine einzelne Glasfaser vom Durchmesser eines Haares ermöglicht, hat jetzt ein Forscherteam aus Großbritannien und Deutschland entwickelt. Das Verfahren kann in Zukunft von der industriellen Inspektion bis hin zur Umweltüberwachung eingesetzt werden und hat das Potenzial, die medizinische Bildgebung zu revolutionieren.
„Gemeinsam mit unseren Forschungspartnern ist es uns gelungen, ein sehr dünnes Faserendoskop zu entwickeln, mit dem wir Szenen aufnehmen können, die bis zu mehrere Meter entfernt stehen“, fasst Tomáš Čižmár vom Leibniz-Institut für photonische Technologien in Jena die Ergebnisse zusammen. „Das erreichen wir, in dem wir unsere Mikroendoskope mit dem Lichtlaufzeitverfahren unsere Kolleginnen und Kollegen in Glasgow kombinieren.“
„Wenn sich Licht durch eine optische Faser bewegt, kommt es auf der anderen Seite nicht in der gleichen Form wieder heraus. Stattdessen wird es völlig verzerrt, so dass das Senden von Bildern durch die Faser selbst nicht funktioniert,“ erklärt Čižmár. „Wir haben eine Methode erforscht, um das in die Faser eintretende Laserlicht so zu strukturieren, dass am Faserende ein einzelner Lichtpunkt erscheint. Damit rastern wir die aufzunehmende Szene Pixel für Pixel ab und messen dabei die Lichtintensität an den jeweiligen Punkten. Diese Informationen werden anschließend am Computer zusammengesetzt und es entsteht eine zweidimensionale Abbildung.“
Die Forscher am Fraunhofer Centre for Applied Photonics in Glasgow ergänzen die Mikroendoskopie mit einem Lichtlaufzeitverfahren, um neben 2D-Reflexionsbildern auch Tiefeninformationen zu erhalten. Ihre Technik ermittelt die Tiefe durch die Messung der Umlaufzeit eines Laserpulses, der von der Szene reflektiert wird. „Durch den Einsatz eines gepulsten Lasers wird die Laufzeit des Lichts und damit die Entfernung jedes Pixels im Bild gemessen. Die Technologie der präzisen Flugzeitmessung ermöglicht es dem System so, vollständige 3D-Punktwolken zu erstellen, ähnlich wie bei LiDAR,“ erläutert Sergey Turtaev vom Leibniz-IPHT.
Die 3D-Bilder können mit einer Auflösung im Millimeterbereich aufgenommen werden und bieten Bildraten, die hoch genug sind, um Bewegungen in annähernder Videoqualität wahrzunehmen: Die Forscher bilden bewegte Objekte ab, die sich mehrere Meter vor dem Ende einer etwa vierzig Zentimeter langen Faser mit einem Kerndurchmesser von fünfzig Mikrometern befinden, bei Bildfrequenzen von etwa fünf Hertz.
Derzeit muss die multimodale Faser nach der Kalibrierung in einer festen Position verbleiben. In einem nächsten Schritt werden die Forscher sich damit befassen, wie die Kalibrierungszeit verkürzt werden kann, um das Faserendoskop bewegen, biegen und verdrehen zu können. „Wir haben wir einen wichtigen Meilenstein erreicht. Wir forschen nun daran, wie wir die Flexibilität der Faser erhalten und nutzen können. Sobald die Technologie weit genug entwickelt ist, kann sie vielseitig in der Praxis eingesetzt werden, etwa beim autonomen Fahren, bei Sicherheitsanwendungen und schlussendlich auch in der Medizin“, gibt Čižmár einen Ausblick.
Leibniz-IPHT / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
D. Stellinga et al.: Time-of-flight 3D imaging through multimode optical fibers, Science 374, 1395 (2021); DOI: 10.1126/science.abl3771 - Faserforschung und -technologie (T. Čižmár), Leibniz-Institut für photonische Technologien e. V., Jena
- Fibre Photonics, Fraunhofer Centre for Applied Photonics, Glasgow, Großbritannien