Stillt Wissensdurst
Stillt Wissensdurst – 200 Jahre Physikalischer Verein, Frankfurt Academic Press, Frankfurt 2024, geb., 200 S., 29,80 Euro, ISBN 978-3-86638-450-7
Dass Festschriften zu Vereinsjubiläen keine dröge Lektüre sein müssen, beweist dieser großformatige und reich bebilderte Band zum 200. Geburtstag des Physikalischen Vereins in Frankfurt. Das Buch stillt wie im Titel versprochen auf attraktive Weise Wissensdurst.
Selbstverständlich erzählt es zunächst die Geschichte des ungewöhnlichen Vereins, der 21 Jahre vor der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin gegründet wurde. Gemeinsam war beiden Vereinigungen, dass sich die Mitglieder „gegenseitig über die neuesten wissenschaftlichen Entdeckungen und Erfindungen austauschen“. Was in Berlin schließlich zur Gründung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft führte, ebnete in Frankfurt den Weg zu einer eigenen Universität. In diese brachte der Verein 1914 vier eigene Forschungsgebäude und acht wissenschaftliche Institute ein.
Schon daran zeigt sich, dass der Physikalische Verein keinesfalls nur dem Austausch und der Popularisierung von Wissen diente, sondern auch eine Keimzelle für Forschung darstellt. So spielte er gemäß dem Frankfurter Physiker Horst Schmidt-Böcking eine wichtige Rolle, um Otto Stern und Walther Gerlach bei ihren bahnbrechenden Versuchen in den Jahren 1921/22 zu unterstützen, mit denen sie nicht zuletzt die Richtungsquantisierung nachweisen konnten.
Zu den historischen Beiträgen im Buch, darunter auch zu Zeitmessung, Elektrotechnik, Luftfahrt oder medizinischer Anwendung der Röntgenstrahlen, gesellen sich jeweils Artikel oder Interviews, die eine aktuelle Perspektive bieten. Im Falle des Stern-Gerlach-Versuchs folgt ein Artikel von Klaus Blaum zu modernen Präzisionsmessungen mit dem kontinuierlichen Stern-Gerlach-Effekt.
Die Themenmischung ist überaus abwechslunsgreich; Gestaltung und Bebilderung sind hervorragend. Dass die Jahre 1933 bis 1945 noch eine Leerstelle in der Vereinsgeschichte darstellen, wird offen kommuniziert. Eine umfangreiche Aufarbeitung ist in Vorbereitung und soll in eine eigene Veröffentlichung münden.
In dem Band findet sich also keinesfalls nur Vereinschronik, sondern eine allgemein verständliche Anthologie zu Physik und angrenzenden Gebieten, von der sich viele andere populärwissenschaftliche Bücher eine Scheibe abschneiden können.
Alexander Pawlak